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Herdecke geht App: Stadtführer für Einwohner und Gäste
Herdecke bekommt einen Stadtführer – ganz zeitgemäß als App für das Smartphone. Eigentlich nichts Besonderes im Jahr 2018. Warum das in Herdecke eine kleine Sensation ist, steht in diesem Artikel…
Telefonbuch und Reiseführer haben für viele Menschen längst ausgedient. Alles Wissenswerte gibt’s im Internet und seit Erfindung der Smartphones vor vielen Jahren auch auf dem Handy in der Hosentasche. Wirklich gute Stadtführer im Netz – oder eben als App für’s Handy gibt es praktisch nur im Ausland. Grund dafür ist, dass diese Guides sehr viel Geld kosten – Geld, das die Kommunen nicht haben und private Investoren eher woanders – ganz sicher aber nicht in der Provinz – ausgeben.
Was tun, wenn man etwas für die Wirtschaft in der Stadt tun will, aber die Kasse leer ist? Netzwerken, natürlich. Eine Disziplin, die Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster in Vollendung beherrscht. Einfach mal mit ein paar Leuten reden und im eigenen Hause etwas Werbung für eine gute Sache machen, dann klappt das auch. Das Ergebnis dieser Gespräche wurde nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Lions-Club Herdecke hat einen fünfstelligen Betrag zur Verfügung gestellt, der die Programmierung der App ermöglicht. Diesen Job übernimmt eine Firma, die bereits einschlägige Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Die Pflege der Inhalte wird von der Stadtverwaltung übernommen. Dort wird Dennis Osberg, schon jetzt Mitarbeiter mit (geschätzt) 12-Stunden-Tag zusammen mit seinem Team in die Tasten hauen, um den Stadtführer mit Leben zu füllen. Die technischen Folgekosten des Projekts – also die Entgelte für externe Dienstleister und Appstores – sind auch schon finanziert. Die kommen aus einer Werbeanzeige, die die HGWG in der App schalten wird.
Schon zur Maiwoche will die Stadt die neue App vorstellen. Sie wird dann kostenlos in den Appstores für Android und iOS abrufbar sein. Inhaltlich gibt’s Informationen zu Handel, Gastronomie und Unterkünften. Dazu informiert die App über Veranstaltungen und News aus der Stadt. Auch städtische Dienste, wie zum Beispiel die Termine der Müllabfuhr sollen abrufbar sein.
Auch für Meckerer wird die App ein nettes Gimmick bereithalten: Per Knopfdruck lassen sich Unregelmäßigkeiten – ganz zeitgemäß – mit Foto und Koordinaten an die Verwaltung melden.
Ein schönes Projekt – aber…
Unsere lokalen Nachrichtenmagazine sind ja dafür bekannt, Beiträge mit kleinen Seitenhieben auf die Politik zu garnieren. Diese sollen auch hier nicht fehlen:
Es ist zweifellos gut und wichtig, dass sich die Gemeinden im Bereich des Stadtmarketing und der Wirtschaftsförderung engagieren. Die starke Konkurrenz des Onlinehandels schadet dem örtlichen Handel, der der „neuen“ Konkurrenz eher machtlos gegenübersteht. Schließlich hat Deutschland den Anschluss an das Internetzeitalter vor langer Zeit verpasst. So wundert es kaum, dass die meisten Unternehmen noch immer keine zeitgemäßen Internetseiten haben.
Hier können die Gemeinden mit zeitgemäßen Stadtportalen dazu beitragen, Standorte attraktiver zu machen und neue Kunden zu gewinnen. Aktuell scheitert das an der dummen Politik in Land und Bund. Die sorgt dafür, dass es den Kommunen manchmal an ein paar hundert Euro fehlt, um das Nötigste zu erledigen.
Der neue Wirtschaftsminister des Landes NRW ist zweifelsohne vom Fach und versteht durchaus, wovon wir – und viele andere – reden. Bleibt zu hoffen, dass er in seiner Regierung tiefgreifende Veränderungen durchsetzen kann.
Bis dahin bleibt uns, jenen Gönnern zu danken, die solche Projekte aus privater Tasche finanzieren. Ein persönliches Highlight für den Autor dieses Beitrages sind aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, die dieses Projekt – zusätzlich zu ihren tagesfüllenden Aufgaben – schultern. Ein Beweis dafür, dass zumindest in Herdecke der sprichwörtlich faule Verwaltungsbeamte längst ausgestorben ist. Hier gibt’s tatsächlich eine Menge Leute, die einfach Bock haben, etwas für ihre Stadt zu tun. Extra Geld gibt es dafür nämlich nicht.
Bild (v.l.): Lions-Präsident Martin Rasche, Christian Symalla (Lions), Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster, Michael Elsterkamp (Lions) und Dennis Osberg (Stadtverwaltung)