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Koepchenwerk: Rekonstruktion des RWE-Schriftzugs macht Fortschritte
Das riesige „W“ ist bereits fertig. Die Böcke, auf denen es wochenlang gelegen hat, um Stück für Stück rekonstruiert zu werden, sind frei. Nun ist das „E“ an der Reihe. Die Handwerker der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur nehmen sich derzeit in der Zentralwerkstatt in Dortmund den zweiten Buchstaben des RWE-Schriftzugs vor, der seit Jahrzehnten markant das Schieberhaus des Koepchenwerks am Hang des Ardeygebirges in Herdecke ziert. Hinten anstellen muss sich noch das große „R“.
Seit Monaten fehlt dem Koepchenwerk der weit sichtbare Schriftzug. Im Rahmen von Reparaturmaßnahmen am Pumpspeicherkraftwerk waren die drei sechs Meter hohen Lettern, die unter Denkmalschutz stehen, Stück für Stück vom Tragegerüst, das sich auf dem Dach des Schieberhauses befindet, gelöst worden. Die Buchstaben bestehen aus einem weißen Vorderblech und einer dahinterliegenden grünlichen Kastenkonstruktion.
In einzelne Bestandteile zerlegt, wurden die Buchstaben zur Kokerei Hansa nach Dortmund-Huckarde verbracht, wo sich die Zentralwerkstatt der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur befindet. Dort war nach gründlicher Prüfung schnell klar: Alle drei Elemente sind so stark geschädigt, dass eine einfache Instandsetzung nicht mehr in Frage kam. Wind und Wetter hatten ihnen ordentlich zugesetzt. In Abstimmung mit der Denkmalbehörde der Stadt Herdecke entschloss sich die Stiftung, alle drei Buchstaben in Eigenleistung zu rekonstruieren.
Die verbliebenen Einzelteile wurden nummeriert. Nun dienen sie als Schablonen und Vorlagen. Die Rekonstruktion ist nicht alltäglich und stellt eine große Herausforderung an das handwerkliche Geschick der Handwerker der Stiftung dar. Die Bleche werden mit der Flex zugeschnitten, müssen gebohrt, geschweißt und geknickt werden. Bis es dazu kommt, ist Köpfchen gefragt: Jeder Buchstabe für sich ist in vier Teile zerlegbar. Die Schlosser müssen ein genaues Aufmaß ermitteln und exakte Außenmaße erstellen. Das ist Millimeter-Arbeit in großen Dimensionen.
Der große Schriftzug ist im Laufe der Jahre schon früher mehrmals repariert worden. Einige Stellen an den Buchstaben sind genietet, andere geschraubt, geschweißt und auch mit Silikon zusammengehalten. Nun werden alle rekonstruierten Stücke einheitlich miteinander verschraubt.
Denn sind die Buchstaben rekonstruiert, reisen sie – wieder zerlegt – in eine Lackiererei, um dort eine spezielle Beschichtung zu erhalten: Weiß, die Ursprungsfarbe, für die Vorderseite; die Kästen wieder in einem blassgrünen Farbton, genau wie das Traggerüst. Voraussichtlich im Sommer wird das Trio an seinen Ursprungsort zurückkehren: zum Koepchenwerk oberhalb des Hengsteysees.
Das Koepchenwerk ist ein national bedeutsames Monument der Energiewirtschaft. Es wurde in den Jahren 1927 bis 1930 errichtet. Seinen Namen trägt es nach seinem Ideengeber und damaligen RWE-Vorstand, Prof. Dr. Arthur Koepchen. Das Koepchenwerk ist eines der beiden ersten Pumpspeicherkraftwerke Deutschlands und im nahezu authentischen technischen wie baulichen Zustand erhalten. Dazu zählen unter anderem die historische Maschinenhalle mit Kommandohaus inklusive der vier originalen Maschinensätze. Sie bestehen jeweils aus Turbine, Motor-Generator, Kupplung und Pumpe. Außerdem gehören dazu die vier markanten Druckrohrleitungen sowie das Schieberhaus mit dem Firmenschriftzug.
Die Entwicklung der Pumpspeichertechnik in den 1920er Jahren war eine große Pionierleistung, die den fortschrittlichen Ausbau eines europäischen Verbundnetzes ermöglichte. 1994 wurde das Koepchenwerk stillgelegt. Die Voreigentümerin, die RWE Power AG, hat das hochrangige Denkmal im Jahr 2017 in das Eigentum der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur übertragen, wodurch es vor dem Abbruch bewahrt werden konnte.
Die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur wurde 1995 vom Land Nordrhein-Westfalen und der RAG Aktiengesellschaft gegründet. Die Aufgaben der Stiftung bestehen darin, die ihr übertragenen Denkmale zu schützen und zu erhalten, wissenschaftlich zu erforschen, öffentlich zugänglich zu machen und sie einer neuen, denkmalgerechten Nutzung zuzuführen. Bundesweit ist es die erste und bisher einzige Stiftung, die sich explizit für den Erhalt von bedeutenden Industriedenkmalen einsetzt. Die Stiftung gibt den Anlagen Zeit, sich zu neuen, identitätsstiftenden Orten für Handel, Gewerbe, Freizeit, Kunst und Kultur zu entwickeln. Sie führt Bausicherungs- und Instandsetzungsarbeiten an den Gebäuden durch, entwickelt Nutzungskonzepte für einzelne Baukörper oder die gesamte Anlage und trägt durch Öffentlichkeitsarbeit dazu bei, die Akzeptanz für Belange der Industriedenkmalpflege zu erhöhen.
Mittlerweile zählen Industriedenkmale an 14 Standorten in NRW zum Bestand. Es sind Relikte von Anlagen des Steinkohlenbergbaus, wie z.B. Fördergerüste, Schachthallen und Maschinenhäuser, des Weiteren eine Kokerei als Beleg der Verbundwirtschaft im Ruhrgebiet, ein Denkmal der Energiewirtschaft in Gestalt des historischen Pumpspeicherkraftwerks Koepchenwerk und das Hammerwerk Ahe-Hammer in Herscheid als technikgeschichtliches Zeugnis.
Bild: Einblick in der Zentralwerkstatt der Industriedenkmalstiftung in Dortmund-Huckarde: hier werden alle drei Buchstaben des großen RWE-Schriftzuges rekonstruiert. (Foto: Klaus-Peter Schneider)